Dienstag, 15. März 2011

Buchauszug: Turaabhi von Räälja Cuntööleng

Ich steige mit Meister Schesei den Berg hoch zum Kloster zurück. Prustend eile ich dahin. In seiner gewohnt gütig-humorvollen Art neckt er mich und meint, ein Yogi würde niemals so viel prusten, sondern tief und rhythmisch durchatmen. Dann kommen wir auf dem Klosterareal an. Dort erfasst mich von Neuem die schmerzhafte Sehnsucht, so dass mein Herz physisch schmerzt. „Oh Meister“, flehe ich ihn an: „Kannst du mir bitte Gott zeigen?“ Meister Schesei streicht liebevoll über meinen Kopf und führt mich zum Garten. Dort zeigt er mir die Vögel, Blumen und Pflanzen und sagt: „Überall darin ist Gott, Taarilonn. Es gibt keinen Ort, wo Gott nicht ist!“ Ich seufze.
Hernach geht Meister Schesei mit mir durch den Klosterweg. Beim Gartenportal nahe des Gebäudes treffen wir den Medizinlama Terye. Er ist groß und schlank und von typisch mongolischem Aussehen und dunklem Typus mit tief blickenden schwarzen Augen. In seiner ganzen äußeren Erscheinung ist er das genaue Gegenstück zu Meister Schesei, der klein und breitschultrig ist und den ich aufgrund seiner hellen Erscheinung schon damals gern „Meister Sonne“ genannt hätte. Meister Schesei sagt zu ihm: „Sieh, Bruder Terye, hier unseren Taarilonn! Durch anhaltendes Meditieren wurde bei ihm bereits Hoobött,* die verzehrende Sehnsucht nach Gott, geweckt und ist kaum noch zu stillen. Da er noch sehr jungen Alters ist, muss Hoobött in die richtigen Kanäle geleitet werden, andernfalls richtet es bei ihm Schaden an, weil es seine ganzen Vitalkräfte und damit seine Gesundheit aufzehren würde! Mitfühlende Hilfe an Leidenden kann dieses Feuer kühlen und richtig verteilen. Deshalb, lieber Bruder, wäre es für ihn am besten, er käme unter deine Obhut und in deinen Unterricht!“ Ich verneige mich vor Terye Lama. Er segnet mich mit einem gütigen Lächeln. „Nun geh mit Meister Terye Lama und tu, wie er dir sagt!“ Und ich gehe mit dem Medizinlama in seine Räume. Dort muss ich mein weißes Kleid ausziehen und mich auf einen Tisch stellen. Er sagt, er müsse mich untersuchen. <Seltsam>, denke ich, <ich bin doch gar nicht krank!> Nun sucht der Lama mit einem durchdringenden und äußerst konzentrierten Blick meinen ganzen Körper ab. Sein Blick ist sehr ernst und in sich gekehrt. Als er damit fertig ist, lächelt er mir liebevoll zu und lässt mich wieder mein Kleid anziehen. Dann sagt er zu mir: „Geh zu Meister Schesei, Taarilonn, und sage ihm, dass du die Aufnahmeprüfung für den Medizinunterricht bestanden hast!“ Ich starre den Arztlama entgeistert an, denn ich habe ja gar nichts getan für diese Prüfung. Da lacht er und sagt: „Nun geh schon! Der Unterricht fängt morgen nach dem Morgengottesdienst an!“ Dann fügt er streng hinzu: „Sei pünktlich hier nach dem Gottesdienst, oh Aq’la!“ Ich weiß, was das heißt. Ich verneige mich erstaunt, eile zu Meister Schesei und werfe mich zu seinen Füßen. „Oh Meister Schesei!“, rufe ich aufgeregt, „der Medizinlama sagt, ich hätte das Aufnahmeexamen für den Medizinunterricht bestanden, obwohl ich ja gar nichts getan habe. Und ich bin doch erst fünf Jahre alt!“ „Warum so aufgeregt, Taarilonn?“, lächelt Meister Schesei. „Danke Gott für diese große Gnade! Durch jene Tätigkeit wirst du vielen Menschen helfen können und damit Gott in ihnen dienen, sofern deine Hilfe selbstlos geschieht! Nun geh, oh Aq’la, und tu, was dir gesagt wird!“ „Oh Meister, bitte gib mir deinen Segen. Denn aus eigener Kraft schaffe ich es nicht!“ Da segnet mich der Meister und entlässt mich. Normalerweise wurden in jener Epoche Schüler nicht unter acht Jahren zum Medizinunterricht zugelassen. In meinem Fall wurde eine Ausnahme gemacht, weil der Dienst an Kranken für mich die beste Medizin war, den Hoobött zu neutralisieren, und weil ich ein natürliches Talent für diesen Beruf besaß.

Ich erhebe mich und verlasse den Meister. Hinter der Mauer an einem stillen Ort halte ich ein, schließe die Augen, lege die rechte Hand auf mein leidendes Herz und seufze innerlich zu Gott: „Oh Yeesche, lass mich nicht länger leiden! Komm und zeige dich!“ Darauf gehe ich.


Auszug aus dem Buch Turaabhi - das Bäumchen, das geschnitten werden musste. (mehr...)

Montag, 7. März 2011

Buchauszug: Liebe und Weisheit von Meher Baba

ÜBER LIEBE
Am frühen Morgen vor dem Frühstück am 28. Mai 1937 in der Zurückgezogenheit von Nasik, Indien: Die folgenden Aufzeichnungen wurden von
Nadine Gräfin Tolstoy niedergeschrieben.

Was ist Liebe? Zu geben und niemals zu verlangen.
Was führt zur Liebe? Gnade. Wie erlangt man
diese Gnade? Gnade ist nicht billig zu kaufen.
Man kann sie gewinnen, wenn man immer zu dienen
bereit ist und ungern Dienste annimmt. Es gibt viele
Wege, die zu dieser Gnade führen:
Anderen Gutes wünschen, ohne an sein eigenes
Glück zu denken.
Niemanden verleumden. Immer duldsam sein. Sich
nicht sorgen. Dies zu versuchen ist fast unmöglich,
versucht es dennoch!
Mehr an die guten Eigenschaften anderer Menschen
denken als an die schlechten.
Führt man nur einen dieser eben genannten Grundsätze
bis ins Letzte aus, so beachtet man wie von selbst
die anderen. Dann strömt auch die Gnade herbei.
Habt ihr Liebe, so ist euch die Vereinigung mit
dem, was ihr liebt, gewiß.

Als Christus sagte: „Liebt euren Nächsten", wollte
er damit nicht sagen: „Verliebt euch in euren Nächsten."
Wenn ihr liebt, seid ihr die Gebenden; Wenn du
dich hingegen nur verliebst, stellst du Forderungen.
Liebt mich, wie ihr wollt, aber liebt mich. Ich bin
rein, die Quelle der Reinheit, Mein Feuer der Liebe
erlöst euch von allen Schwächen. Bringt mir eure
Sünden, Schwächen und Tugenden, gebt sie alle mir.
Liebe ist rein wie Gott. Sie gibt immer und erbittet
nichts; dies erfolgt durch Gnade.

Auszug aus dem Buch Liebe und Weisheit - Sprüche und Abhandlungen von Meher Baba 1959 (mehr...)

Meher Baba – Wikipedia

Meher Baba – Wikipedia: "Als Sohn des zoroastrischen Derwischs Sheriar und seiner Frau Shireen geboren, begegnete er 1913 der islamischen „Heiligen“ Hazrat Babajan (1810(?)–1931). Sie küsste ihn auf die Stirn. Das ist der Zeitpunkt, der als seine Erleuchtung angegeben wird. In den nächsten Jahren scharte er erste Jünger um sich, die ihn „Meher Baba“, „mitfühlender Vater“, nannten.

Er kritisierte, dass Leute sich anschreien: „Je grösser die Liebe, desto sanfter die Stimme.“ Letztlich brauche man gar keine Worte mehr."